Die späteste Abfahrt auf der ganzen Reise, erst halb vier geht es los. Sachen trocknen, Freund*innen über bevorstehende Ankunft informieren, Bremsen justieren, Essen vorbereiten … alles braucht Zeit.
Um vom Gelände des gläsernen Bauernhofs zu gelangen, nehme ich intuitiv einen abfallenden Schotterweg. Aber, falsche Richtung.
Komme deshalb nochmal an den Ziegen- und Schweineställen vorbei, Familien gehen in der Sonne spazieren. Ich jedoch habe mich verfahren, gelange erst eine halbe Stunde später auf den richtigen Weg.
Jetzt aber, bereit für die ersten 15 Kilometer, die überwiegend aus Steigungen bestehen.
Bei spätestens 15 % muss ich schieben, wenn es hoch oder runter geht. Bergab, weil die Bremsen bei längerer Benutzung schleifen und auch nicht mehr genug Zugkraft bieten.
Das erste Mal auf der Reise frage ich mich, warum ich mir das eigentlich antue, hier das viel zu schwere Fahrrad die Berge hoch- und runterzuschieben. Vielleicht, weil es doch immer wieder etwas Neues zu sehen gibt.
Eine Höhle am Weg, ein Aussichtsfelsen in Schöneck. Häuser, die oben mit Holz oder Schiefer verkleidet sind (wie Umgebindehäuser).
Nach der Stadt auf dem Berg (Schöneck) schickt mich das Navi auf einen Waldweg, der mich zu einer Schutzhütte führt.
Darin, ein Buch, wo sich Gäste eingeschrieben haben. Auf der letzten Seite sind noch fünf Zentimeter Platz, ich schreibe mich in schnellen und einfachen Worten dazu.
Neben der Hütte finde ich zwei Maronen, die ich, weil gerade eine Tupperdose frei ist, mitnehme.
Hinab nach Falkenstein (Kleinstadt) an das sich direkt Auerbach (große Kreisstadt) und Rodewisch (Kleinstadt) anschließt.
Überall Wahlplakate, darunter eins mit dem Titel: „Co2-Steuer? Geht mir am Arsch vorbei“. Dazu ein halb entblößter Frauenpo. Wie bitte?
Ein größeres Gewerbegebiet, Supermärkte zum Essen einzukaufen.
Ich fühle mich gestresst. Davon, dass ich durchs Vogtland rausche, nichts anschaue und wenig fotografiere. Davon, dass meine Bremsen nicht mehr richtig gehen und davon, dass ich meine Zeltunterlage in Neustadt vergessen habe. Davon, dass es bereits um sieben ist und immer noch 15 Kilometer zu fahren sind.
Aber es nützt nichts, Radwandern ist nicht nur Urlaub, sondern manchmal auch harte Arbeit.
Also los, über ein paar Berge und dann in der Ebene zum Camping in Irfersgrün. Ich komme zügig voran.
Der Camping kostet 8,50 Euro und ist sehr einfach. Aber es gibt alles, was ich brauche: Sitzgelegenheiten, Dusche, frisches Wasser und Elektrizität.
Am Abend beschließe ich die Maronen zu verarbeiten. Im Internet lese ich, dass Wildpilze generell mindestens 15 Minuten stark erhitzt werden sollen.
Mach ich und die Arbeit und das Warten lohnt sich: die Kidneybohnen-Pilzpfanne mit Tomatenmark und Knoblauch, ganz wunderbar würzig und mit Brot sehr lecker. Noch duschen und dann satt und zufrieden ins Zelt.