Regentropfen aufs Zeltdach, un abbraccio (eine Umarmung). Kurz vor acht fährt Giampietro los, ich koche Kaffee. Und warte, dass es vielleicht aufhört zu regnen. Tut es aber nicht, auch ich baue im Regen das Zelt ab.
Ganz vorn auf dem Platz stehen moderne Camper mit Luxusautos davor. Dem Aussehen nach zu urteilen sind die Besitzer*innen Roma- und Sinti-Familien, wahrscheinlich Freund*innen vom Besitzer. Mit dem Porsche auf dem Campingplatz, abgefahrene Sache.
Die Rezeption ist unbesetzt, ich schau mich um, niemand zu finden. Ab 13 Uhr geschlossen. Tja, in diesem Fall kann ich (leider) nicht zahlen, zum Glück wurden gestern meine Personalien nicht aufgenommen.
Jetzt also durchs wohl geordnete Deutschland. Wo keine Tiere oder offene Gullilöcher auf der Straße zu erwarten sind und man auf Autobahnen und Schnellstraßen auf keinen Fall fahren darf (im Gegensatz zum Balkan). Wo es durch kühlen, hohen und feuchten Wald geht (im Gegensatz zu Italien).
Und wo es, das fällt mir jetzt erst so richtig auf, an vielen Bundesstraße begleitende Radwege und weiß-grüne Radwegebeschilderungen gibt. Das im Verhältnis zum Süden viel für Radfahrende getan wird, wird mir auch später in Augsburg mit den überdachten Fahrradabstellanlagen und den Fahrradampeln deutlich.
Es gibt so vieles, für das wir dankbar sein können. Keine allgegenwärtige Korruption, Wahl- und Demonstrationsfreiheit, keine Mafia. Die Abfallentsorgung wird für uns geregelt (auch mit Export). Hier muss sich niemand darüber ärgern, dass ganze Landstriche oder Straßenzüge komplett von Müll überzogen sind.
Landsberg ist sehr schick, alle Häuser frisch saniert. Selbst im Regen stahlen einem die in verschiedenen Pastellfarben gehaltenen Stadthäuser entgegen.
Ich fahre über dreißig Kilometer am Lech entlang, über Wald- und Feldwege. Nur zwei andere Radfahrende kommen mir, genauso wie ich mit Gepäck und komplett in Regenkleidung verpackt, entgegen.
Keine Autos, keine Menschen, eine einsame und stille Fahrt. Die Reifen auf dem durchnässten Boden machen schmatzende Geräusche, ansonsten ist es still. Es hört irgendwann auf zu regnen, in Augsburg geht es wieder los.
Ich gehe in einen DM, ein Foto vom Handy als Postkarte ausdrucken, was dieses Mal funktioniert. Die möchte ich morgen noch verschicken, hab ich dem Radladen meines Vertrauens in Leipzig versprochen.
In Augsburg fahre ich zu einem Hotel, alles ausbreiten und trocknen. Zum Glück gibt es keine Bewertung für Hotelgäste auf booking.com, ansonsten würde bei mir wahrscheinlich stehen: „Kam mit ihrem Fahrrad wahrscheinlich direkt aus dem Wald, hat im Zimmer und im Bad lauter Erde und Grashalme verstreut. Das Frühstücksbüffet war nach ihrem Besuch auffällig leer.“
Aber schön, bis morgen ist alles trocken und die Batterien neu geladen. Die nächsten Tage soll es besseres Wetter geben und ich kann zur und an der Donau fahren.