Ich überlege, fahren oder nicht fahren. Es nieselt, später soll es regnen. Außerdem ist heute Tag der Faulenzer, wäre doch schön so ein Ruhetag.
In der Rezeption sagt man mir, achtzehn Euro für die letzte Nacht. „So viel?!?“ „Ah, knapp bei Kasse?“ „Ja.“ „Na gut, ok, dann machen wir zehn.“ Schnell den Schein hingelegt und raus aus der Tür. Damit ist auch die Frage geklärt, ob ich weiterfahre.
Am Wegesrand eine Werbung „In Österreich gekauft. Richtig gut gekauft.“, von Media Markt und Rewe. Erinnert mich irgendwie an deutsche Bananen.
Eine Eisenbahn hupt, das tut sie seit um sechs aller einer Stunde (davon aufgewacht). Dann schallt es durchs ganze Tal bzw. die Arena, wie diese schöne Tiefebene mit ihrem beeindruckenden Zugspitzenpanorama heißt.
An einer Kreuzung sehe ich einen Radwanderer, mal nachfragen, wohin der fährt. Ah, meine Richtung. Ist heute schon über den Fernpass drüber, hat sich oben verfahren, ist auf einer Schnellstraße gelandet, wurde von der Polizei angehalten und musste 25 Euro Strafe zahlen. Demnächst möchte er einen Ort finden, um Pasta zu kochen.
Erstmal fahren wir gemeinsam los, ich kann ja während er kocht Blog schreiben.
Giampietro ist vor fünf Tagen in Padua losgefahren und möchte bis zum Nordkap. Im Schnitt fährt er hundert Kilometer am Tag in zügigem Tempo.
Ich habe Probleme da hinterher zu kommen, strampel wie verrückt und aber fall vor allem am Berg immer wieder ab. Inzwischen regnet es in Strömen, wir rasen mitten hindurch.
Ich denke, gleich geb ich auf (es ist doch Tag der Faulenzer!). Aber irgendwie ist es auch schön, dass mich gerade jemand mitzieht und ich damit mal flott vorwärts komme.
In Reutthe halten wir kurz, Foto von der Hängebrücke Highline 179 und den Burgen machen. Hier war ich schon einmal vor einige Jahren mit Olaf. Damals sind wir noch mit dem Auto in den Urlaub gefahren, wie sich die Zeiten ändern. Jetzt fällt mir auf, wie viel mehr man mit dem Rad sehen kann.
Kurz vor Füssen sage ich, stopp, ich brauche jetzt was zu essen. Wir halten an einem Supermarkt, kaufen gleich ein. Giampietro freut sich über die Information, dass die Supermärkte in Deutschland am Sonntag geschlossen haben. Er war als Kleinkind mal in Berlin, kann sich da an nichts erinnern. Jetzt also gleich seine erste Deutschlanderfahrung.
Die Sonne kommt raus, wir passieren den Lechfall. Die Stimmung hebt sich, adesso siamo turisti (jetzt sind wir Touristen). Von der Grenze bekommen wir gar nichts mit, sind plötzlich in Füssen.
Eine Runde in der Stadt, auf einem kleinen Platz einige Marktstände.
Schwerpunkt italienische Produkte, super, können wir gleich ein bisschen was kosten und quatschen. Giampietro fragt nach Casu Marzu (einen überreifen Käse aus Sardinien mit Maden drin). Nein, sagt der Verkäufer, den hat er noch nicht mal mehr unter der Theke. Verboten, aber so beteuern sie mir, wirklich sehr lecker. Wir bekommen Brot geschenkt und fahren die letzten Kilometer zum Campingplatz.
Der liegt sehr schön am Forggensee, man kann sogar das Schloss Schwangau sehen. Es ist sehr voll, wir bauen weit voneinander entfernt unsere beiden Zelte auf. Es regnet wieder und während wir im Vorzelt essen, entdecken wir plötzlich eine große Pfütze. Das Wasser ist vom Zeltdach auf die Unterlage getropft, durch die leichte Schräglage bis nach unten gelaufen. Camping ist kein Urlaub, sondern bedeutet allzu oft Arbeit. Im Licht der Taschenlampe trocknen wir alles mühsam mit all unseren Handtüchern. Danach leg ich mich kurz auf den Rücken, herrlich und endlich, das ist jetzt also der bewegungslose Moment am Tag der Faulenzer.
Giampietro sagt, das war doch heute ganz unterhaltsam, könnte sich vorstellen morgen einen ruhigen Tag anzugehen. Mal nur 60 Kilometer bis Landsberg am Lech mit mir zusammen fahren. Gut, sag ich, das machen wir.
Ist das denn in Ordnung, sich lebendige Fliegen-Baby’s einzuverleiben? Wenn ich länger darüber nachdenke, fallen mir mehrere Aspekte ein, um die Frage klar zu verneinen! Gut, dass es in Deutschland diese Tierquälerei nicht gibt!!