Am Morgen ist unser Zelt naß, außen und innen. Auch die Handtücher und andere Wäsche, klamm und nur langsam trocknend in der schwül-warmen Luft. Trotzdem machen wir um zehn los, die feuchten Sachen kommen auf den Gepäckträger.
In einer kleinen Dorfkirche findet gerade ein Gottesdienst statt, die ersten Bars und Restaurants machen auf. An einem Obst- und Gemüsestand ärgere ich mich, weil mir der kleine Einkauf teuer erscheint (fünf Euro für eine Melone, eine Gurke, eine Zitrone und ein paar wenige Tomaten). Auch habe ich den Eindruck, dass es hier viel zu überlaufen und zu stark durchreglementiert ist. Auf dem Campingplatz hingen besonders viele Verboten-Schilder und die Maschendrahtzäune sind nochmal extra mit grünem Stoff bezogen, damit auch ja niemand durchgucken kann.
Vielleicht bin ich ja auch einfach müde, vom Reisen und von Italien (fast sieben Wochen bin ich schon hier).
Als wir Chioggia erreichen, vergesse ich die trüben Gedanken wieder.
Die vielen Kanäle, Fischkutter, Gondeln, Brücken und Häuser im venezianischem Stil: alles anders als das, was ich bisher gesehen habe.
In diesen Tagen findet das Stadtfest „Sagra del pesce“ satt, zu essen gibt es über zwanzig verschiedene Speisen, die alle fasolari (Venusmuscheln) enthalten. In einer Bar gibt es „Spritz-Aperol To-Go“.
Am Anleger kaufen wir uns die Tickets für die beiden kurzen Fährfahrten, die wir, um zum Lido zu gelangen, benötigen (insgesamt 30 Euro).
Das umliegende Land ist so flach, dass die Menschen am Strand aussehen, als ob sie auf dem Wasser gehen würden.
Im Gegensatz zur Altstadt von Venedig, wo Radfahren verboten ist, findet man auf den der Lagune vorgelagerten Inseln eine ausgebaute Radfahrinfrastruktur. Viele Einwohner*innen fahren mit dem Rad, wenn auch mit zusätzlichem Elektroantrieb.
Pellestrina ist eine langgezogene, niedliche Insel, bunte Häuser reihen sich direkt am Meer entlang. Im klarem Wasser stehen Holzhütten auf Stelzen, wahrscheinlich von den Muschelfischern.
Auf der nächsten Fähre setzt mit uns ein voll besetzter Linienbus über, nach wenigen Minuten sind wir schon drüben.
Der Lido sieht auf dem ersten Blick viel weniger mondän aus, als ich ihn mir vorgestellt habe (alles Wissen darüber stammt aus „Tod in Venedig“.) Die meisten Häuser sind hier Neubauten und so manche Anlage der Jahrhundertwende liegt verschlossen und verwahrlost hinter hohen Zäunen.
Ich habe Lust auf einen Espresso und ein kleines, süßes Teilchen, ist ja schließlich Sonntag.
Ein kleiner Cannolo in einem Caféhaus mit angeschlossenem Buchladen, so lässt es sich leben.
Noch kurz vorbei beim Film-Festspielhaus, ein Foto von und für Olaf machen.
Auf dem einzigen Campingplatz stehen mehr Zelte als Wohnwagen. Es gibt einen großen Gemeinschaftskühlschrank, schattige Sitzgelegenheiten, Handyladestationen und viele andere Radwander*innen (gefällt uns sehr gut).
Sofort fallen die Mücken wieder über uns her, die sind richtig fies. Sie suchen sich jedes noch so kleine Stück Haut, welches nicht mit Anti-Mücken-Spray benetzt ist und stechen auch durch Kleidungsstücke. Ich glaube, eine Mücke hat mich sogar unter dem Augenlid gestochen, zumindest habe ich seit neustem ein Glubsch-Auge.
Beim Blick über die Lagune entdeckt Olaf ein großes Feuer über der Stadt. Auch andere Besucher*innen wundern sich, aber der Campingplatz-Betreiber versichert: ist nur von chemischen Anlagen in Marghera.
In der Dämmerung ertönt wieder der merkwürdige, rhythmische Ruf des Vogels und ich finde heraus, das ist eine Zwergohreule.
Hach, das freut mich Birte :). Liebe Grüße zurück ✌️