Der kommunale Campingplatz von Ferrara ist richtig gut. Kein Restaurant, Animation oder Pool, aber dafür eine kleine, eigene Fahrradgarage, moderate Preise (Waschmaschine 3,50 Euro, pro Nacht/Person 10 Euro) und hohe, dichte Maulbeerbäume, die uns Schatten spenden. Zahlreiche Radwander*innen haben hier ihre Zelte aufgebaut, so viele habe auf der ganzen Reise noch nicht gesehen.
Den Morgen verbringen wir entspannt mit Frühstück, Waschen und neue Handyhalterungen am Lenker anbringen. Ich sortiere alles aus, was ich nicht (mehr) brauche.
Handschuhe, warme Jacken, ein Buch von Murakami (in einem Hostel in Mazedonien gefunden), Reiseföhn, Gemüsereibe, Papierkarten (gedacht für Notfall und um sich einen Überblick zu verschaffen) und vieles mehr. Geht alles in den nächsten Tagen direkt über die Alpen, bequem transportiert im VW-Bus.
Nachdem ein Regenguss durchgezogen ist, fahren wir mit den Fahrrädern in die Stadt.
Wir gehen auf den Friedhof, damit Olaf sich das Grab von Michelangelo Antonioni anschauen kann.
Während wir über die in den Wänden eingelassenen Urnengräber staunen, finden Olaf und Tjorven an der Gruft einen Umschlag mit Briefen an den 2007 verstorbenen Regisseur.
Weiter zum Palazzo dei Diamanti, dessen Marmor-Fassade aus vielen kleinen Pyramiden besteht.
Auf dem Platz neben dem Wasserschloss werden gerade letzte Bühnenarbeiten vorgenommen. Heute Abend spielt Thom Yorke hier, Philli kommt in sein Element und schwärmt von den Boxen von d&b Audiotechnik. Wir treffen eine Frau, extra aus Deutschland fürs Konzert angereist, sie hätte noch eine Karte für uns. Ob wir oder jemand heute Abend hingehen sollte?
Erstmal Fahrräder abstellen.
Die Sättel sichern wir ab jetzt mit Hilfe eines langen Kabelschlosses. Denn, so haben wir auf der ersten Etappe gemerkt, die beiden neuen brooks sind bequemer als die, die wir vorher hatten. Würden wir gern behalten.
In der Stadt kommt bei meiner Schwester das erste Mal richtig Italienfeeling auf, bunte Häuser mit Holzfensterläden, kleine Läden, mittelalterliche Gassen. Kaum Touristen.
Die Kinder (und nicht nur die) bekommen Gelato und Granita (sizilianisches Wassereis).
Heute Abend statt essen zu gehen, grillen auf dem Campingplatz. Alle Macellerien (Fleischer) haben zu, Ferien und Umbauzeit. Wir finden einen Feinkostladen mit diversen italienischen Spezialitäten.
Der Verkäufer, äußerst freundlich, erklärt lang und breit, dass die Bratwürste ganz frisch sind und dass im Prosecco hier nicht viel Kohlensäure ist. Im Gegensatz zum französischen, sagt er, wird beim Öffnen nicht der ganze Tisch überschwemmt.
Nochmal in einen Conad, die Supermarktkette, die ich inzwischen bevorzuge (gute Auswahl, günstig und auch ein paar Bioprodukte). Vor dem Markt steht ein dunkelhäutiger Mann, der öffnet allen die Tür und verdient sein Geld mit dem nach Hause tragen der Einkäufe von alten Frauen.
Während wir grillen, hören wir wieder diese komischen Vogelrufe, einzelne tiefe Töne, wie eine Warnanlage im Standbymodus. Würde echt gern mal wissen, welcher Vogel das ist. Klingt sehr exotisch.
Später schallt es leise vom Konzert rüber, kurz bereue ich es nicht hingegangen zu sein. Aber man kann ja auch nicht alles haben. Diese kurze Familienzusammenkunft hier in Ferrara war auf jeden Fall klasse.