Am Vormittag zeigt mir William, ein Engländer, der auf dem kleinen Hof work&travel macht, die Feigenbäume. Es gibt zwei Sorten, die mit braunen und die mit grünen Früchten. An beiden hängen kleine, unreife wie auch große, reife Früchte.
Wir ernten ein paar der grünen, sie sind sehr süß.
Es beginnt mit regnen. Ich koche einen Espresso nach dem anderen, warte ab. Erledige Dinge, die schon lange anstehen. Versicherung, Steuer, Überweisungen. Mittags regnet es immer noch, so stark, dass ich beschließe abzuwarten und Olaf schon mal vorzuschicken in die Unterkunft.
Erst halb vier lässt der Regen nach. Gestern Abend bin ich auf meiner Irrfahrt noch über einige Hügel gefahren, dabei ist der richtige Weg zur Hauptstraße fast komplett eben.
Am Ortseingang stehen hier Schilder, die verkünden, wann sich wo der örtliche Rotary Club trifft. Reiche Gegend und alles um einiges teurer als im Süden. Für das Abstellen der Fahrräder in der Tiefgarage möchte die Vermieterin in Bologna 24 Euro. Na soweit kommt’s noch.
An einer Brücke, die einen kleinen Kanal überspannt, wundere ich mich. Bin ich nicht gestern über diese schon mal gefahren? Blick aufs Navi, aber alle gut, Richtung stimmt, sieht nur alles gleich aus.
Es beginnt wieder mit regnen, Autos und LKWs ziehen an mir vorbei. Die Schönheit des Reisens mit dem Fahrrad schrumpft auf die Zweckmäßigkeit des kostengünstigen Vorwärtskommens zusammen.
Als Bologna beginnt, leitet mich das Navi auf schmale Zweirichtungsradwege, die auf Schlängellinien zwischen Häuserblocks hindurchführen.
Im optimalen Fall zerren Spaziergänger*innen ihre Hunde beiseite, im schlechteren Fall interessiert es sie gar nicht, dass dies vielleicht ein Radweg sein könnte. Baumwurzeln sorgten für Dellen im Asphalt, da hüpft und springt das Fahrrad drüber. Radfahrender Gegenverkehr, Achtung, hier ist es schmal. Der Weg kreuzt immer wieder Straßen, dann heißt es abbremsen und schauen, ob die Autos auch wirklich am Zebrastreifen halten. Dahinter eng stehende Poller, hier nicht mit den Taschen hängenbleiben. Über sechs Kilometer fühle ich mich wie auf einem anspruchsvollen Kinder-Fahrrad-Übungsparcours, gebaut um die körperlich-technischen Fähigkeiten seiner Benutzer*innen zu schulen.
Das Zentrum von Bologna ist ringförmig, begrenzt durch eine vierspurige Straße. In jeder Himmelsrichtung gibt es eine Porta, ein Stadttor. Um zur Unterkunft am Porta Lame im Westen zu kommen, fahre ich am Porta San Donata im Osten vorbei und weiter auf der Via Irnerio.
Immer, wenn ich Italiener*innen erzählt habe, dass ich nach Bologna fahre, war die Antwort „bella!“. Und tatsächlich, die Verzierungen an den Fassaden und Säulen sind wirklich aufwändig gestaltet und sehr schön. Fast alle Häuser sind ein bisschen angeschrammelt, die Farbe vergraut oder abblätternd. Aber hat Charme, die Stadt.
Olaf hat auf der Hinreise schon eine Menge erlebt und fängt gleich an zu erzählen, von durch die Gegend rollenden Koffern, vom Halten eines Babys, vom Platzieren des Fahrrades in Bus und Bahn.
Dadurch, dass er ganz frisch in Italien angekommen ist, fällt ihm auf, was ich schon gar nicht mehr mitbekomme: die vielen Motorinis, die schicke Kleidung, das Rumgehupe. Gerade letzteres sehe ich ganz anders, ist doch hier im Norden ruhig und geordnet. Einem richtigen „Casino“ bin ich das letzte Mal in Napoli begegnet.
Er wundert sich auch über die Guardia di Finanza, die mit Kleinwagen unterwegs sind. Das ist eine der Polizeibehörden, zuständig ganz allgemein für Finanzdelikte. Eine Mischung aus Zoll, Finanzamt, Korruptions- und Drogenverhandung.
Im Appartement nennt er mich Andrea Schwarzenegger, Frechheit Nummer 1.
Nachdem die Taschen abgestellt sind, gehen wir zu Fuß in die Stadt.
Über 40 Kilometer Arkadengänge gibt es hier, ursprünglich in dieser Form gebaut, um mehr Platz für die darüber befindlichen Wohnungen zu gewinnen. Aber schon praktisch, falls es regnet braucht man keinen Schirm und vor der Sonne ist man auch immer geschützt.
Auf der Piazza Maggiore gibt es ein großes Open-Air-Kino, Eintritt frei. Kulturveranstaltungen sind in Italien sehr oft kostenfrei, in diesem Fall wird die Veranstaltung von den „Amici della cineteca“ finanziert.
Bei zwei hohen Türmen, von denen einer sich stark zur Seite neigt, spielt eine Brassband. Ein Kleinkind und ein Opa, gehen voll ab.
Is ja wie in Leipzig hier, sagt Olaf. Da, haste das Barfußgässchen gleich neben dem Rathaus. Und da die Mädlerpassage.
Und da, alles zugetagt und voller Plakate, wir sind gleich in Connewitz.
Während ich gereist bin, hat er fleißig Geld verdient und gesagt, er kann mich dann auch mal auf ein Eis einladen. Jetzt will er sich nicht mehr an sein Versprechen erinnern, Frechheit Nr. 2. Dabei habe ich das mit dem Eisessen immer aufgeschoben, genau für den Moment, in dem er dann da ist. Zum Glück ändert er schon bei der nächsten Gelateria seine Meinung und ich komme zu meinem ersten richtigen italienischen Eis.
Die verschiedenen Sorten sind alle verschlossen in Metallbüchsen und werden nur kurz geöffnet, um daraus ganz viel Eiscreme zu schaufeln und auf die Tüten zu schichten. Die kleinste Portion umfasst zwei Sorten und kostet 2,50 Euro.
Wir gehen noch in einem großen Bogen durch die Altstadt, ganz schön groß hier. Mir tun schon die Füße weh.
Vorbei an einem Laden, der heißt „Tedeschi“ (Deutsche). Darin Haushaltsmaschinen. Immer wenn hier mit Deutschland geworben wird, geht es um Maschinen oder Autos.
Morgen werden wir Bologna nochmal bei Tageslicht anschauen, mit Hilfe einer App, damit wir auch etwas lernen. Denn es gibt doch so einige Dinge, die ich noch nicht wirklich verstehe, warum zum Beispiel in den alten, unverputzten Häusern immer so Löcher drin sind.
Viele Liebe Grüße aus Nürnberg!
Wir wünschen Euch eine schöne gemeinsame Zeit!
Julius frägt mittlerweile jeden Tag nach dir, wann denn seine Tante endlich da ist 😄.?
Lasst euch gut gehen 🍦🍷
LG Claudi und die Bande des Schreckens
Hehe, das ist gut 😊 . Vielen Dank und liebe Grüße zurück nach Nürnberg! ❤️