Am Morgen möchte ich nicht losfahren. Schon jetzt brütet draußen die Hitze. Hier drin hingegen, hinter den dicken Wänden, ist es angenehm kühl.
Um das Unvermeidbare ein wenig hinauszuzögern mache ich mir noch einen Espresso.
Dann heißt es das Fahrrad und die Taschen Stufen hochtragen und auf der leicht abfallenden Straße (mit Stein unter dem Reifen) zu beladen. Danach bin ich schweißgebadet.
Auf der Straße werde ich von einem dunkelhäutigen Mann mit „Guten Morgen“ gegrüßt, ich antworte mit einem selbstbewussten „Buon giorno, tutto a posto?“ Da ist er verwirrt.
Und weiter geht es, erstmal was einkaufen. Meistens gehe ich in kleine Läden oder Stände. Das ist nicht nur besser für das Gastland, sondern hat auch verschiedene Vorteile: ich kann das Rad von drin im Blick behalten, kann entspannt nachfragen, wenn ich etwas noch Unbekanntes entdecke und die leicht höheren Kosten werden dadurch ausgeglichen, dass ich oft etwas geschenkt bekomme. So kostet heute der Einkauf plötzlich nicht mehr 12,50, sondern nur noch 10 Euro.
Ich beschließe, auch wenn das einige Kilometer mehr sind, möglichst nah am Meer entlang zu fahren, da es dort immer ein wenig kühler ist. Die Hafenstraße von Gaeta ist von Palmen gesäumt, in der ersten Reihe steht ein großes, frisch restauriertes Segelschiff.
Hübsch ist es hier, nicht so schmuddlig-billig wie gestern zwischen Neapel und Formia. Und auch nicht schicki-micki wie an der Amalfiküste. Hier macht also der Mittelstand Urlaub.
An den Stränden stehen die Jugendlichen im Wasser und spielen Volleyball.
Die haben es gut, würd ich jetzt auch gern. Stattdessen klettere ich einige Berge hoch und biege irgendwann ab, um in einem Vereinslokal Wlan zu nutzen.
Wieder auf der Straße passiere ich einige dunkle Tunnel, in denen ich froh bin, dass ich die Warnweste anhabe. Links neben mir winkt mich eine junge Frau zu sich. Ich soll einer anderen Person am Telefon, die den schlichten Namen „work“ trägt, erklären wo wir gerade sind. Kann ich nicht. Daraufhin möchte sie Erdnüsse und Wasser, ich geb ihr meine letzten Reserven. Als sie jedoch fragt, ob sie nicht mitfahren oder mein Fahrrad haben kann, zeige ich ihr nur noch einen Vogel und fahre lachend weiter. Sie ruft und ruft, dass ich anhalten soll, aber ich drehe mich nicht mehr um. Die hat sie ja wohl nicht alle.
An den Steilwänden flattern viele kleine, braune Schmetterlinge, die Hitze brüht über der Straße und der Wind kommt von vorn. Ich bin unglaublich müde. Am liebsten würde ich jetzt hier auf einen der vielen Campingplätze gehen und einfach nur schlafen. Deshalb tue ich, was ich sonst nie mache, ich gehe in eine Bar (mit Klimaanlage) und trinke eine Cola. Nach fünfzehn Minuten setzt die Wirkung ein.
In Terracina frage ich nach der nächsten öffentlichen Wasserstelle, aber es gibt keine. Also kaufe ich eine große Flasche und fahre weiter in Richtung Norden. An einem Campingplatz (direkt neben der Schnellstraße) frage ich, wie viel die Übernachtung kostet. 25 Euro, aha. Am nächsten Platz wird es noch besser, da wollen sie 42 Euro. Ich frage nach, ob ich mich verhört habe. Nun, die Parzellen wären nun mal so groß und sie hätten keine Möglichkeit … in dem Moment steigt die Wut in mir hoch und ich sage nur noch, stimmt, nichts habt ihr hier, noch nicht mal Wasser in der Stadt. Dies ist „solo un posto di merda“. Während ich kräftig in die Pedalen trete, höre ich hinter mir ein Kind rufen, „lei ha ragione“ (Sie haben Recht).
Als es schon dunkel ist, fahre ich zu einem Camper-Stellplatz. Zehn Euro sag ich, er möchte fünfzehn. Na ok, ich bin sehr müde. Später kommt der Platz-Patrone nochmal vorbei, ich brauche nichts zu bezahlen. Dafür soll ich ihm mit den anderen deutschen Gästen helfen und übersetzen. Na gern doch.
Neben dem Camper-Platz findet ein Rummel statt, „No woman no cry“ dröhnt aus den Boxen. Aber stört mich nicht, um 23 Uhr schlafe ich Sekundenschnelle ein.