Das Frühstück im Bed&Breakfast fällt für italienische Verhältnisse üppig aus. Mit viel Zucker, mit viel Plastik. Ich esse ein bisschen was und packe den Rest für später ein. Als mich die Vermieterin, eine sehr nette Omi, fragt, ob es mir geschmeckt hat, antworte ich höflich, ja, sehr gut, habe alles aufgegessen. Aber wie denn das, bei meiner Figur und ich sage, das verbrenne ich alles. Was bleibt mir auch anderes übrig?
Soll ich ihr sagen: Entschuldigung, aber wenn man zu viel Zucker innerhalb kurzer Zeit isst, führt die darin enthaltene Fruktose zur Fettleber und dies kann (absolut vermeidbare) Entzündungen auslösen? Oder: ja, der Schinken im Sandwich, der stammt bestimmt von einem Schwein, dessen süßes Ringelschwänzchen ohne Betäubung abgeschnitten wurde? Oder: dieser Joghurt von Danone, der ist doch von diesem Megakonzern, der in Frankreich das Trinkwasser abpumpt?
Das absurde ist, dass ich mich gerade mitten in einem landwirtschaftlichen Zentrum befinde.
Rund um die Mündung der Sele reihen sich die Gewächshäuser aneinander. Und hervorragende Milchprodukte werden auch hergestellt.
Die Menschen, nicht nur hier, sind so reich und gebildet, aber sie hinterfragen selten, was sie eigentlich tagtäglich unterstützten. Ich möchte niemanden belehren, denn auch ich kann und will gar nicht immer alles absolut korrekt machen. Aber ich habe entschieden, jeden Tag aufs Neue zu versuchen, Zeit, Kraft und Geld in Dinge, die gut und richtig sind (Beispiel), zu investieren.
Ich fahre nach Battipaglia, eine Stadt, die 1943 von den Alliierten fast komplett zerstört wurde.
Genauso wie Eboli (was einem Erdbeben von 1980 zum Opfer fiel), gibt es nichts weiter zu sehen und die Häuser sind im Wesentlichen triste Betonklötze. Lange sitze ich in einem Café mit WLAN, um die nächsten Routen und Stationen vorzuplanen. Ich möchte es auch nochmal mit warmshowers probieren, mal sehen, ob jemand antwortet.
Da es nur wenige Kilometer auf ebener Strecke bis zum Campingplatz sind, lasse ich mich beim Einkaufen auf mehrere Smalltalks ein. Dabei stelle ich fest, dass ich dies nur in Maßen tun sollte. Der Ablauf ist immer der selbe: von wo nach wo, bist du allein und hast du denn keine Angst. Anschließend kommen wahlweise bewundernde oder warnende Worte. Viele sagen, dass ich sehr gut aufpassen soll, denn es sei doch gerade in der oder der Stadt/Land (in die ich fahren möchte) sehr gefährlich. Das schlimme ist, dass ich mir diese von Angst getriebenen Vorurteile teilweise wirklich annehme. Dabei stimmt es einfach nicht, dass ich ständig Gefahr laufe, bedroht, umgefahren oder beklaut zu werden. Im Gegenteil, egal in welchem Land, ich wurde und werde gerade als allein reisende Frau von früh bis spät von wild fremden Menschen umsorgt und unterstützt.
Der Strand gleich neben dem Campingplatz ist nicht wirklich attraktiv (stark befahrene Straße daneben, es liegt Müll rum) und so beschließe ich heute einfach nur mein Zelt aufzubauen und weiter einen Tag in calma zu begehen.
Italiener*innen sagen gern calma (Ruhe), tranquilla (sei beruhigt) oder piano, piano (langsam).
Auf dem Campingplatz werde ich sofort nach der Ankunft von vielen kleinen, schwarz-weißen Mücken gestochen. Aber nachdem ich das Mückenspray aufgetragen habe, ist auch dieses Problem gelöst. Es gibt einen schattigen Platz, Trinkwasser und sogar WLAN.
Zum Abendbrot esse ich frischen Büffel-Scarmorza, der schmeckt wie Mozarella, hat aber eine festere Konsistenz. Und Pane Integrale, denn Weizenvollkornbrot hat hier jede Bäckerei im Angebot. Morgen geht es weiter an die Amalfiküste, ich bin gespannt, ob es wirklich so schön ist, wie alle behaupten.