Fünfhundert Meter weiter oben, erreichbar nur über einen schmalen Trampelpfad, ist der eigentliche Campingplatz. Drumrum ist alles zugewachsen, nur das mehrstimmige Summen von Insekten ist zu hören. Eine kleine Hütte mit Wänden aus Glas, darin zwei Matratzen, ein Ofen, ein Tisch.
Ich finde eine Büchse mit lauter Dankschreiben an die Erbauer*innen.
Ich bin auch dankbar, dass ich hier übernachten konnte und sogar verköstigt wurde. Aber ich fühle mich nicht wohl. Der Besitzer hat die typische Überheblichkeit und Selbstzufriedenheit der dicken, alten Männer. Diese funktioniert immer nach dem gleichen Schema: es wird (um der Rhetorik Willen) eine persönliche Frage gestellt, man antwortet in beliebiger Weise und anschließend wird die Antwort als lächerlich oder falsch hingestellt. Alles, was mit Weitsicht und Wissen zu tun hat, ist dem alten Manne vorbehalten und man selbst wird allenfalls für Fleiß und schöne Beine wertgeschätzt. Ich bin so froh, dass ich eben kein „girl“, sondern eine erwachsene Frau bin. Und dass ich andere Frauen getroffen habe, die zu mir sagten: freundlich nicken und abhaken. Der Versuch eines Gesprächs auf Augenhöhe lohnt der Mühe nicht, einfach nur faul, eingebildet und verkrustet. Ich bin enttäuscht vom „Naturpark“.
Die beiden Nachbarn tauchen wieder auf. Sie stimmen mich auf Dubrovnik ein, indem sie unter anderem erzählen, dass ganz Venedig auf dem Eichenholz aus dieser Region erbaut wurde. Und bieten mir an, mich für einen kleinen Ausflug mit dem Auto nach Molunat mitzunehmen. Aber ich möchte auf jeden Fall heute noch hier weg.
Auf der kleinen Straße fährt es sich gut. Eine ein Meter große, in der Mitte dick gewölbte Schlange schlängelt sich über den Asphalt. Als sie mich hört/sieht/spürt?, verschwindet sie schnell im Gebüsch.
Es beginnt mit Regnen und ich stelle mich an einem unbewohnten Haus unter. Ich unterschreibe eine Petition gegen die Befreiung von der Kerosinsteuer. Und lese, dass jetzt auch Tansania Plastiktüten verboten hat, nun sind es bereits 61 Länder, die das durchziehen.
Vieles ist wieder so, wie ich es gewohnt bin: Kanalschächte sind abgedeckt, Nutztiere eingesperrt und im Supermarkt muss man sein Obst und Gemüse selbst abwiegen.
Vor Dubrovnik gibt es einen langen, steilen Anstieg. Ich kämpfe.
Ich passiere, ohne sie heute zu betreten, die komplett ummauerte Innenstadt. Die Stadtmauern sind sehr hoch und breit, beeindruckend.
Nachdem ich mein Gepäck im Hostel abgestellt habe, kaufe ich mir das Ticket für die Fähre nach Bari. Es kostet 452 Kuna (60,86 Euro).
Im Hostel treffe ich auf Alexis aus dem Elsass. Er schämt sich dafür, wie in Frankreich die Europawahl ausgegangen ist und unterschreibt, obwohl er mit dem Flugzeug gekommen ist, auch gleich die Petition.
Er erzählt mir, dass der Elsass über spezielle Gesetze verfügt, wie zum Beispiel eine hohe Sozialversicherung und eine feste Kirchensteuer (wodurch kirchliche Gebäude gut erhalten sind). Im nahen Mostar (Bosnien), wo er gerade war, soll es schön, aber auch traurig aussehen (die Kriegsschäden sind noch immer zu sehen). Wir tauschen uns über die größten Umweltprobleme und nationalistische Tendenzen in Europa aus. Er sagt, man darf aber auch nicht vergessen, wir haben jetzt 80 Jahre keinen Krieg im westlichen Europa mehr. Das ist doch wirklich großartig.
Ich bin so glücklich, endlich mal wieder einen vernünftigen, gut gebildeten und offenen Menschen zu treffen. Leider nimmt er morgen sehr früh den Bus, um in Montenegro mit seiner Frau wandern zu gehen.
Meine Fähre legt morgen erst um 22 Uhr ab. Genug Zeit, um vorher Dubrovnik zu entdecken.