Während ich vor dem Häuschen auf der Farm frühstücke, kommt ein anderer Mann als der, den ich gestern hier gesehen habe, vorbei. Er kann ebenfalls kein Wort englisch oder italienisch, ist aber sichtlich begeistert von meinem Fahrrad.
Ich möchte von ihm wissen, ob und wieviel die Übernachtung kostet und wo ich zahlen oder spenden kann. Ich hole einen Schein, er wehrt ab, überlegt und öffnet eine der leeren Nachttischschubladen im Schlafsaal. Na gut, dann eben so.
Gestern Abend habe ich das kleine Tor zur Terrasse zugemacht, aber jemand hat es in der Nacht wieder geöffnet.
Einer der Hunde ist über meine Gewürztasche hergefallen, die schöne Hülle und die Gemüsebrühe sind hin.
Ich fahre los. Im nächsten Ort gibt es keinen Bäcker, aber dafür fünf Cafés/Bars. In allen sitzen Männer ab vierzig, rauchend und wahlweise Café oder Schnapps trinkend. Auch am Straßenrand stehen oder sitzen in Albanien oft Männer(gruppen), ohne das erkennbar ist, ob und was sie da eigentlich gerade tun. Wenn ich vorbeikomme, starren sie mich an, mal skeptisch, mal freundlich. Meistens sagen sie nichts, aber wenn, dann ist es eher eine Art unverständliches Anschreien. Ich grinse dann, winke und fahr schnell weiter.
Die Arbeitslosigkeit in Albanien ist hoch (2018: 13,9 %) und vielleicht warten sie hier an der Straße auch darauf, dass ein neuer Job vorbeikommt.
Kurz vor der Grenze zu Montenegro halte ich in einem Café für Internet. Ich schaue in der App Google Translator nach montenegrinisch, aber das gibt es nicht. Anschließend öffne ich eine Währungs-App, auch hier kein Ergebnis. Ich google und staune: Montenegro hat schon seit 1918 keine eigene Währung mehr. Obwohl kein EU-Mitglied, hat das Land 2002 den Euro eingeführt. Davor war de facto die Deutsche Mark das Zahlungsmittel im Land.
An der Grenze gibt es Stau, aber mit dem Fahrrad kann ich zum Glück bis nach vorn durchfahren.
Montenegro erscheint schon auf den ersten Metern freundlich: die Häuser sind hell gestrichen oder in Naturstein gehalten und statt meterhoher Betonmauern gibt es Zäune aus Naturmaterialien. Alte Frauen mit weißen Kopftüchern und Straßenstände mit Olivenöl und getrocknete Feigen. An den Einfahrten stehen große Milchkannen.
Die Luft ist feucht-warm mit Blütenduft durchtränkt.
Zahlreiche albanische Reisebusse kommen mir entgegen, scheint ihnen hier auch gut zu gefallen.
Ich treffe ein italienisches Radreisepaar, sie packen große Karten aus und empfehlen mir verschiedene Strecken durch die nahen Berge. Direkt am Meer, sagen sie, da gibt es zu wenig kleine Straßen. Wahrscheinlich haben sie Recht und ich beschließe doch noch mal hoch an den Skadarsko-See und zum Nationalpark Lovćen zu fahren.
In Ulcinj stelle ich kurz meine Taschen im Hostel ab und fahre weiter in die Innenstadt.
Um Schulabgänger in schicken Kleidern versammelt sich eine große Menschenmenge, die Abiturienten werden auf der Straße gefeiert.
Oben in der Altstadt anderthalb Meter breite Gassen, Restaurantterrassen mit Meeresblick.
Als ich zurückkomme ist meine Zimmergenossin schon da. Emi ist halb Japanerin, halb Brasilienerin, Mitte Vierzig und erscheint mir zunächst freundlich-naiv. Sie preist und bewundert meinen Mut und meine Art zu reisen. Sie lädt mich ein, mit ihr eine Zwei-Liter-Flasche Bier zu leeren. Und um so länger der Abend geht und um so mehr Geschichten ich von ihren weltweiten Reisen höre (fast gekidnappt in Kambodscha und Co.), um so mehr merke ich: da ist aber jemand ganz schön taff unterwegs.
Es wird spät und in den nächsten Tagen soll es durchgängig regnen. Eigentlich möchte ich morgen gern nach Virpazar weiterfahren.
Montenegro ist also “Euroisiert“. Das heißt, die kriegen das mit ner eigenständigen Geldpolitik nicht hin. Kein gutes Zeichen für die dortige Geld-und Wirtschaftspolitik. LG
Ja, keine Ahnung, is aber auf jeden Fall etwas teurer als die anderen Länder, in denen ich bisher war. LG und 🤗