Wenn man bei Google Tirana und alternatives Viertel eingibt, dann erscheinen Artikel über den „Blloku“. Das ehemalig abgesperrte Wohngebiet für die kommunistische Staatsführung ist heute das In-Viertel der Stadt. Ich beschließe, bevor ich am Abend die Free-Tour besuche, eine Runde dort mit dem Fahrrad zu drehen. Schon auf dem Weg, ein Café an dem anderen. Tirana ist berühmt für seine Caféhauskultur.
Im Blloku kommen Bars, Restaurants und Nachtclubs dazu, die andern Läden, nichts besonderes. Die Straßenzüge sind gesäumt von hohen, alten Bäumen, es gibt separierte Radwege und viele der Plattenbauten wurden bunt angemalt.
Das alles gefällt mir, aber wirklich interessant ist es hier wahrscheinlich nur nachts.
Genauso wie in den anderen Balkanländern wird in den Bäckereien (Buke) kein Kuchen oder süße Backwaren, sondern Brot, Burrek (alb. Byrek), Kekse und meistens auch einige Konditoreiwaren angeboten. Es gibt auch richtig große Läden, sogenannte Pastiçeri, die lauter farbenfroh dekorierte Sahnetorten und -törtchen verkaufen. Hier in Tirana finden sich in der Auslage auch noch weitere halbflüssige Desserts. Ich hole ich mir eine der Süßspeisen, die keine dieser riesigen Sahnehaufen oben drauf hat und zudem auch noch wenig attraktiv aussieht. (Im Glauben daran, dass es das beste ist, weil sich dieses Produkt ja trotz seines Aussehens regional erhalten hat).
Ein nur leicht gesüßtes Apfelgele mit Zimt und dazwischen ein paar Getreidekörner. Wirklich sehr lecker und erfrischend.
Der Treffpunkt zur Freetour ist am zentralen Skanderbeg-Platz, um den sich die wenigen wichtigen Sehenswürdigkeiten der Stadt reihen.
Der große Platz ist nach den Seiten hin leicht abschüssig, denn im Sommer, wenn es hier brütend heiß ist, kommt aus den Bodenöffnungen Wasser, das dann über den Platz läuft. Eine solche Installation passt ganz gut, denn hier, genauso wie auch schon in Nordmazedonien läuft, spritzt und tropft es sowieso ständig irgendwo. Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, dann sehe ich die Menschen mit Gartenschläuchen ihre Einfahrten reinigen, über die Straßen laufen nicht selten ganze Bäche, Wasserhähne tropfen in der Regel (gehen fast nie richtig zu).
Tirana war lange Zeit klein und unbedeutend, erst 1920 wurde entschieden sie zur Hauptstadt zu machen. Am prägendsten ist ihre kommunistische Vergangenheit. Um diese zu erläutern führt uns der Guide hinter die Kunstgalerie, wo auf einer kleinen verwahrlosten Fläche Statuen von Stalin, Lenin und eine Büste des Diktators Hoxha abgestellt wurden. Erst vor kurzem wurden diese wieder abgedeckt, vorher waren sie verhüllt.
Wir erfahren, dass nach dem 2. Weltkrieg alle religiösen Tendenzen radikal bekämpft wurden und der Diktator 1967 Albanien zum „ersten atheistischen Staat der Welt“ erklärte. Nach Stalins Tod brach Hoxha alle Beziehungen zu der UdSSR und auch anderen blockfreien Staaten ab, einzig mit China gab es zunächst noch enge Bindungen. Von 1978 bis 1985 war das Land politisch und wirtschaftlich komplett isoliert. Die Menschen hungerten und Hoxha ließ 750.000 Bunker im ganzen Land errichten (was die albanische Wirtschaft auf Jahre schwer belastete). Ein Drittel der Bevölkerung schuftete in Arbeitslagern. Bis 1991 hatte in Albanien niemand (mit Ausnahme der obersten Mitglieder des Politbüros) ein Auto.
Nach der Wende dann ging alles sehr schnell, als erstes investierte Coca Cola. Heute ist Edi Rama von der sozialistischen Partei Ministerpräsident, der gleichzeitig auch Künstler ist. Während seiner Zeit als Bürgermeister von Tirana hat er viele Fassaden in der Stadt bunt anmalen zu lassen. Eine Idee, die im ganzen Land kopiert wurde.
Nach der Führung gibt uns der Guide noch Tipps für Restaurants in der Nähe und da ich sowieso erstmal Internet brauche, schließe ich mich den anderen an. Ein polnisches Pärchen, zwei Kanadier (die sich vorher noch nicht kannten), zwei junge deutsche Frauen und ein Inder.
Auf meine Anfragen bei warmshowers hat in Tirana eine Person reagiert, aber der meldet sich gerade nicht mehr. Wir gehen in ein Restaurant und bestellen „traditional dishes“.
Es werden Späße über kulturelle Unterschiede gemacht (am liebsten auf Kosten der Albaner*innen) und die Gespräche drehen sich um den Eurovision Song Contest und Games of Thrones. Der Inder mir gegenüber schmatzt vor sich hin und ich langweile mich. Dann meldet sich doch noch der Typ von warmshowers, er schlägt vor, dass ich jetzt bei ihm zu Hause auf ein Bier vorbeikomme. Aber das ist mir nichts und so laufe ich eben ohne Barbesuch (zu dem die anderen jetzt aufbrechen) zurück zu meinem kleinen Appartement oben im Studentenviertel. Morgen möchte ich weiter nach Durrës fahren.
Google macht’s möglich
Hallo Juliana, wir haben gestern den Ohrid See erreicht. Gern hätte ich noch einen größeren Erfahrungsaustausch gehabt, die Zeit hat jedoch dagegen gespielt.
Tschüssi erstmal
von Perle
einer der sechs Brandenburger
deine sechs Jungs aus Brandenburg
Ja Mensch, dit freut mich ja jetzt. Erst Desinteresse heucheln und dann die Suchmaschine anwerfen. Nich schlecht. Dir bzw Euch aufm Roadtrip – wie sagt man – immer gute Stoßdämpfer unterem Hintern? Ahoi