Am Morgen wache ich mit den ersten Sonnenstrahlen und vor dem Klingeln des Weckers auf. Das geht jetzt schon seit Beginn der Reise so, dass ich nur fünf bis sechs Stunden schlafe, manchmal auch kürzer. Auf der Nachtzugfahrt nach Istanbul, da habe ich gleich eine ganze Nacht ausgelassen. Ich versuche mir für das Schlafen mehr Zeit zu nehmen, auch, indem ich jetzt oft erst morgens den Beitrag zum Vortag schreibe. Doch mein Körper oder meine Psyche, die lassen mich (noch) nicht allzu lange ruhen.
Sonja, die gemeinsam mit Vladimir das Hostel betreibt, hat einen herzhaften Kuchen zum Frühstück gebacken. Dazu gibt es zwei Paprika- und eine Auberginensauce sowie Käse. Später, schon längst nach dem Frühstück, steht noch ein bisschen davon in der Küche rum und ich kann der Versuchung nicht widerstehen und klau noch ein kleines Stückchen.
Wir verabschieden uns und sie geben mir noch einige Tips mit auf den Weg nach Rajchica: immer der Hauptstraße entlang des Flusses folgen und, wenn Zeit ist, das Kloster Sveti Jovan Bigorski besuchen. Es ist das spirituelle und kulturelle Zentrum in der Region.
Nach wenigen Kilometern am See entlang (mit zahlreichen Ferienhäusern die aussehen wie große Finnhütten) geht es immer bergab. Eine steile Schlucht, unten ein reißender Fluß, rechts und links Felswände.
Als es mit regnen beginnt, halte ich an einem Unterstand und es kommt Lenny aus der Nähe von Cuxhaven vorbei. Ich lade ihn auf Tee und Schokolade ein. Er ist mit seinem großen Rucksack nun schon drei Jahre unterwegs und hat dementsprechend viel erlebt und zu erzählen. Er trampt von einem Land zum anderen und übernachtet fast ausschließlich in seinem Zelt. Er hat keine Regenbekleidung, kein Handy und auch keine Krankenversicherung. Zum Leben braucht er pro Monat derzeit 90 Euro. Es kann auch einfach, sehr, sehr einfach gehen, das Reisen.
Ich schlüpfe in meine Hightech-Regenkleidung und fahre weitere fünf Kilometer bergab bis zum Kloster.
Im klostereigenen Laden kaufe ich eine Postkarte. Und ein Blick reicht, der eine Mönch kann mich ganz sicher gut leiden. Kurze Zeit später taucht er neben mir auf. Er führt mich in die Kirche, zeigt und erklärt mir die Ikonen und Reliquien und wir fragen uns gegenseitig über unser Leben aus. Wir gehen in einen Raum, in dem Gäste des Klosters empfangen werden, ich bekomme einen türkischen Kaffee und er holt ein Buch, das die Geschichte des Klosters darstellt. Auf einigen Fotos ist er auch zu sehen, er lebt hier seit seinem 15. Lebensjahr. Ich könnte jetzt zum Gottesdienst mitkommen und auch hier ein Gästezimmer mieten, aber, also wirklich, das geht nicht, ich bin ja auch schon weiter unten im Nonnenkloster angekündigt. Das hat Nikola aus Skopje so arrangiert.
Wenn Evnuvij nicht gerade ein Mönch mitten in Mazedonien wäre, dann würden wir sicher sehr gute Freunde werden.
Kurze Zeit nach dem Losfahren fängt es stark mit regnen an. Ich stelle mich wieder unter, esse, schreibe, warte.
Nach 30 Minuten beginnen die Vögel wieder zu singen, ein Gutes-Wetter-Zeichen. Es geht weiter, fast nur abwärts, nun schon dreißig Kilometer.
Im Nonnenkloster wissen sie erstmal nicht über mich Bescheid, aber ein Bett im Schlafsaal mit vier anderen Frauen (Angestellte des Klosters) und einem Baby ist noch frei.
Es gibt keine Dusche, alles ist sehr einfach und mir irgendwie fremd. Draußen stürmt es. Im Zimmer laufen Ameisen über den Boden. Auf einem kleinen Altar ist eine Kerze entzündet.
Morgen soll es den ganzen Tag regnen. Mein Plan ist, früh loszumachen und die 70 km bis nach Ohrid durchzufahren. Inzwischen habe ich entschieden am Ohridsee die Grenze nach Albanien zu passieren. Weiter nördlich, da sind zu viele Berge, zu wenige Orte und wahrscheinlich keine asphaltierten Straßen (schlecht bei dem Wetter).
Jule! Ey ich les dir voll gern hinterher. Hab´s lang nicht geschafft, nun bin ich grad beim Kloster und du schon in bella Italia!
Bei dem Mönch hattest du ausgesprochenes Glück. Zu mir waren sie recht unfreundlich, beim zweiten Versuch haben wir am Eingang kehrt gemacht wegen Abzocke. Aber schön zu wissen, dass es auch anders geht.
So jetzt erstmal weiterlesen 🙂
He Kati,
waaas, Frechheit!
Bei mir war auch nur Evnuvij total nett, die anderen haben nur gleichgültig geguckt. Von daher, vielleicht wirklich einzelner Glücksfall.
Hast du frei? Fahrt oder geht ihr wieder Touren abchecken? Meld dich mal, wenn Zeit und Lust.
Liebe Grüße!