Als ich am Morgen das hoteleigene Restaurant betrete, ist da nicht mehr der junge Mann von gestern, sondern ein Alter. Während ich einen Kaffee trinke, sprechen und scherzen wir ein bisschen auf italienisch. Ich sage ihm, dass ich gestern 25 Euro für die Übernachtung mit Frühstück gezahlt habe, aber weil Ramadan ist, ja keins bekommen könne. Er antwortet, nein, nein, das geht schon, aber dann kostet die Übernachtung 30 Euro. Ich kehre in mein Zimmer zurück und esse Salzstangen. Als ich mit dem Packen fertig bin, hat unten das Personal erneut gewechselt. Im Hof putze und öle ich meine Kette (hat schon gequietscht) und gönne mir anschließend noch einen Macchiato. Der Kellner kommt und fragt, ob ich ein Omelett möchte. Geht auf Kosten des Hotels.
Ich bekomme auch eine Limonade dazu, die schmeckt wie Limoncello ohne Alkohol. Wir machen noch ein Selfi und ich fahre ab.
Schon auf den ersten Metern geht es los. Ein Auto fährt neben mich, Scheibe runter, Kopf raus: „Hallo!“ und winke winke. Ich setze das leicht überhebliche Pokergesicht auf und schau in eine andere Richtung.
Gostivar ist eine unspektakuläre Kleinstadt, aber die kulturelle Mischung ist interessant. Das Verhalten und die Sprache (Albanisch) erinnern mich an Süditalien. Wie in der Türkei gibt es Baklava-Läden und Moscheen. Dabei bin ich doch noch in Nordmazedonien, mit seiner slawischen und orthodoxen Prägung.
Es geht jetzt 21 Kilometer hoch. Zum Glück handelt es sich um einen gleichmäßigen Anstieg, kontinuierlich von 500 auf 1.300 Höhenmeter. Rante hat mir empfohlen nicht die Hauptverkehrsstraße nach Mavrovo zu nehmen, sondern die „Alte Straße“ zu nutzen. Die ersten Kilometer sind asphaltiert, danach kommt altes Kopfsteinpflaster, direkt durch den Wald.
Im letzten Dorf kommt mir ein Auto entgegen, am Steuer ein vielleicht achtjähriger Junge. Anschließend bin ich ganz allein, niemand kommt mir entgegen oder überholt mich.
Im Gebüsch raschelt es, Eidechsen huschen über den Weg.
Ich überlege, wie ich mich verhalte, falls jetzt zufällig ein Bär vorbeikommt (ob diese tatsächlich den Nationalpark verlassen und auch hier unten unterwegs sind, weiß ich nicht). Ich stecke Rettungspfeife und Pfefferspray in die Hosentasche und lausche einem unregelmäßig auftauchenden, dumpfen Geräusch. Irgendwann habe ich es lokalisiert, es kommt direkt aus meiner linken Seitentasche.
Neben dem Weg, da kokelt es. Ein kleines Feuer, nicht groß, aber mit meinen begrenzten Wasserressourcen kann ich es nicht löschen. Ich rufe Rante an und frage, was ich machen soll. Er sagt, das ist sicher von Kuhbauern gelegt, um mehr Weidefläche zu schaffen. Nach seiner Erfahrung ist es nicht gut, jetzt die Feuerwehr zu rufen, denn dann heißt es, dass man selbst es entzündet hat. Ich fahre also ohne etwas zu unternehmen weiter und tröste mich damit, dass ja der Wald feucht ist und es vielleicht bald von selbst ausgeht.
Als ich fast ganz oben bin, stoße ich auf die Hauptverkehrsstraße und gelange in den eigentlichen Nationalpark.
Am See gibt es ein Restaurant, auf das mich eine Familie schon in Kumanovo hingewiesen hat. Alles selbst gemacht. Ich möchte irgendeinen Salat und das Tagesgericht und bekomme Schopska und Rindergulasch.
Die letzten acht Kilometer bis zu einem Hostel, das mir Nikola aus dem Social Bike Center empfohlen hat, sind leicht, denn es geht leicht bergab.
Auf der Straße treffe ich drei Niederländer, die übernachten auch im Mountain Hut Carevec.
Die Hütte ist sehr liebevoll und gemütlich eingerichtet, im Schlafsaal bin ich die Einzige und habe freie Bettenwahl.
Im großen Wohnzimmer war der Kamin an.
Richtig muckelig hier und ich würde gern noch einen Tag länger bleiben, einfach weil es so schön ist.