Die ersten Kilometer Richtung Canyon Matka schickt mich meine Navigationsapp auf eine kleine, geteerte Nebenstraße. Die Sonne scheint und es ist herrlich endlich wieder Rad zu fahren. Es geht ein bisschen hoch, ein bisschen runter, aber meistens ist es eben.
Ein Dorf nach dem anderen, dazwischen Erdbeerfelder und Folientunnel mit Tomatenpflanzen drin. Mir laufen Kinder hinterher, ein Junge gibt mir während der Fahrt High Five.
Es ist schön, dass hier die umliegenden Berge bewaldet sind. Das sieht nicht so kahl und öde aus, wie z.B. in vielen Regionen Griechenlands. Aber am besten gefällt mir der Kontrast: hier im Tal die ersten roten Kirschen und in der Ferne oben die noch schneebedeckten Berge.
Die Teerstraße wird zum Holperweg, wird zum Trampelpfad. Ich nehme vom Wegesrand wilde Minze und Thymian mit und schlängel das Fahrrad durchs Gebüsch.
Hauptsache ich treffe jetzt nicht auf eine Hornotter, diese zum Glück nicht aggressive, scheue Giftschlange gibt’s hier nämlich. Aber abgesehen davon, dass ich an Dornen hängenbleibe, die meine Hand zerkratzen, passiert nichts.
Nachdem ich das Fahrrad eine große Steinstufe hochgewuchtet und eine Brücke überquert habe, stehe ich im kleinen Dorf Matka, dem Tor zum Canyon.
Entlang des Flusses kann ich bis zu einer Staumauer fahren, danach schiebe ich es auf einem eingemauerten Kopfsteinpflasterweg.
Es sind heute nur wenige Touristen hier, Bulgaren, Russen, Deutsche. Als ich eine kleine Kirche, einen Bootsverleih und ein Restaurant erreiche ist für mich mit dem Fahrrad Schluss. Ich esse mein Brot, Gemüse, Oliven und ein Ei und entscheide, dass ich eine kleine Tour mit einem Kayak unternehmen möchte. Eine halbe Stunde kostet 150 Denar (2,50 Euro), ich biete 200 dafür, dass der Verleiher auf mein Fahrrad und die Taschen aufpasst. Ich kann und soll später zahlen und als ich auf dem Wasser dahingleite weiß ich warum: es ist einfach wunderschön hier und 30 Minuten viel zu kurz.
Ganz ruhig, nur die Vögel zwitschern, glasklares Wasser, steile Berge und Felsen, kleine Höhlen und ab und zu Anlegestellen für Boote.
Bis zum See weiter hinten im Canyon schaffe ich es nicht, auch, weil ich eigentlich gar nicht so gern paddel und so lasse ich mich für einige Momente auch nur auf dem Wasser treiben.
Als ich zurückkomme ist der Verleiher gesprächig und ich bekomme das Angebot, dass ich auch hinten beim See zelten könnte. Das Fahrrad und die Taschen sollen mit einem der größeren Boote transportiert werden. Alles kein Problem und absolut sicher, weil alles hier ein Unternehmen, Brüder, Cousins und Kameraüberwachung.
Ich habe jedoch vor, heute noch die 60 km bis nach Gostivar zu fahren. Es ist schon um drei und so geht es zügig weiter, erst auf einer kleinen Straße, die parallel zur Schnellstraße verläuft, danach wieder durch kleine Dörfer.
Heute bekomme ich viel Aufmerksamkeit, immer wieder ruft jemand „Hallo“. Nicht „hello“, sondern „Hallo“. Wie können sie wissen, woher ich komme? Manchmal grüße oder winke ich zurück, aber meistens ignoriere ich es. Auch, weil es jetzt notwendig ist zu fahren, fahren, fahren.
Als es schon dunkel ist, erreiche ich Gostivar. Ich habe kein Zimmer reserviert, aber ich weiß von booking.com, dass es mindestens ein großes Hotel im Zentrum mit freien Zimmern gibt. Ich gehe in ein kleines, aber schickes Hotel am Stadtrand, 25 Euro mit Frühstück. Nach dem Check-In frage ich, wann denn das Frühstück ist und mittels Google Translate (albanisch-deutsch) wird mir mitgeteilt, dass gerade leider Ramadan ist und ich somit nur Kaffee und Wasser bekomme. Na gut, macht nichts, ich möchte jetzt sowieso erstmal nur duschen, ins Internet und schlafen. Morgen geht es die Berge hoch nach Mavrovo.
„Wie können sie wissen, woher ich komme?“ Du trägst eine gelbe Warnweste! ^_^
Dann müsste es aber „Bonjour“ heißen 🙂