Bevor es wieder die Berge hochgeht, möchte ich ein Dinge, die sich als nicht praktikabel und überflüssig erwiesen haben, nach Hause schicken. Ein USB-Werk zur Stromerzeugung am Nabendynamo, ein kleines Stativ, ein Zeige-Wörterbuch und andere Kleinigkeiten. Ich laufe einige Male an der Post vorbei, ohne sie gleich zu entdecken, denn sie ist klein und von außen und innen kaum als solche zu erkennen.
Drin sitzt hinter einer Glasschreibe eine ältere Frau, die unentwegt Geld auszahlt. Als ich an der Reihe bin, sage ich „paket“ und „germania“, woraufhin sie mit dem Kopf schüttelt. Ich frage ungläubig posta? Da, da.
Ok, anscheinend hat sie nur keinen Karton für mich und ich sage Supermarket und zeige, dass ich wieder zurückkommen werde. Eigentlich wollte ich auch noch wissen, wie viel das Ganze kostet, aber das spare ich mir jetzt.
Als alles verpackt ist, zeige ich ihr den Karton und sie schüttelt wieder mit dem Kopf, nema paket, adresa. Ok, ok, ja, ich schreibe die Adresse direkt auf das Paket, als Absendeadresse verwende ich die selbe wie für den Empfang. Dann geht es los, verschiedene Formulare und Aufkleber ausfüllen. Auf einen ganz kleinen Zettel muss ich etwas schreiben, aber es gibt nur eine mazedonische Erklärung, französisch übersetzt. (Warum habe ich mein Handy mit Google translate in der Unterkunft gelassen?) Aber die Frau weiß zu helfen, ruft jemand an und ich bekomme auf englisch gesagt, Inhalt und Wert eintragen.
Der Zettel wird mit einer Klebepaste aus der Dose befestigt, weitere Aufkleber kommen hinzu, das ganze Paket ist jetzt komplett zugeklebt, nur die beiden identischen Adressen sind noch sichtbar. Es kostet 900 Denar, ich habe noch 850. Keine Kartenzahlung. Wie ärgerlich, weil jedes Abheben kostet 4 Euro. Seit Anfang an zahle ich fast immer alles mit Karte, das ist das finanziell optimale, guter Wechselkurs, geringe Gebühren (1 %). Diesmal bekommt die Sparkasse meine Extra-Auszahlungsgebühren, es ist der nächste Automat.
Nach anderthalb Stunden ist es vollbracht, zwei Kilo gehen auf die Reise. Es war viel Aufwand für ein kleines Paket und ich denke mir, vielleicht habe ich deshalb hier noch keinen Paketdienst mit lauter Internetbestellungen drin gesehen, einen von denen, die mindestens viermal täglich vor der Haustür in Leipzig halten.
Am Abend halte ich meine Präsentation. Wir sind eine kleine Gruppe und ich stelle vor, was wir in Leipzig für den Radverkehr bisher so getan haben und zeige ein paar Fotos von der Reise. Wir sprechen über die verschiedenen Gesetzeslagen und Finanzierungsmöglichkeiten in Bezug auf Fahrradprojekte in der Stadt.
Ich erfahre auch, dass es im umgangssprachlichen Mazedonisch viele technische Begriffe gibt, die der deutschen Sprache entlehnt sind: der Schraubenzieher ist der Strafziehr, die Mutter die Mudr, das Kugellager das Lagr. Den Strafzier finde ich natürlich am besten.
In Mazedonien können viele Menschen gut englisch, oft auch ein paar Worte deutsch. Nach offiziellen Schätzungen hat in den letzten Jahren eine halbe Millionen Mazedonier*innen das Land verlassen. Das wäre ein Viertel der Bevölkerung. Wenn Rante jedoch in seinem Jahrbuch nachschaut, dann ist die Hälfte der Abschlussklasse inzwischen im Ausland. Das ist traurig, weil es oft die gut ausgebildeten, jungen Menschen sind, die das Land verlassen.
Vor dem Schlafengehen bereite ich noch Obst und Gemüse für morgen vor. Für eine kontinuierliche Zuckerzufuhr braucht es meines Erachtens nicht unbedingt Müsli- und Schokoriegel. Frisches in Kombination mit Brot hat viel mehr Inhaltsstoffe und auch viele kurze und lange Kohlenhydrate.
Ich überwinde mich noch ein paar Dehn- und Kraftübungen zu machen, in der Hoffnung, dass mein Läuferknie weiterhin schweigt. Morgen geht es nach Gostivar, vielleicht sogar bis nach Mavrovo. Ich freue mich darauf.