Als ich heute Morgen erwache und auf mein Handy schaue, bin ich verwirrt. Lauter Nachrichten von Menschen, von denen ich länger nichts gehört habe?
Ach ja, ich habe Geburtstag. Den ganzen Tag über erhalte ich kurze, lange, kreative, liebe, lustige, tiefsinnige und oft sehr treffende Glückwünsche, was mich sehr freut. Später kaufe ich mir auf der Straße bei einer Omi einen kleinen Strauß für mein Zimmer.
Auf Warmshowers hat mir jemand Links für touristische Angebote geschickt, unter anderem von Sofia Green Tour, die naturnahe Führungen in und um Sofia anbieten. Täglich um 11 Uhr startet eine Free Hike Tour ins nahe Vitosha-Gebirge. Diese führt zu den Bojana Wasserfällen und zur Kirche von Bojana, die aufgrund ihrer Fresken zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
Am Treffpunkt versammeln sich 13 Personen, alle im mittleren Alter, darunter die meisten Alleinreisende. Sie kommen aus Australien, Kanada, Japan, Dänemark, Niederlande, Belgien und Deutschland (nur ich). Wir fahren mit einem Taxi bis zur Bojana Kirche, die Kosten werden unter den Mitfahrenden aufgeteilt (jede*r 2 Lew, das ist 1 Euro). Als erstes gehen wir zu den Wasserfällen, denn der Eintritt zur Kirche ist, warum auch immer, erst ab 15 Uhr kostenfrei. Es geht steil bergan, von 800 auf 1.350 Höhenmeter.
Einige Teilnehmer*innen sind leicht übergewichtig und ich frage mich, wie sie das schaffen. Selbst für mich leichte und trainierte Person ist das anstrengend hier hoch. Die Bulgar*innen, die uns entgegen kommen, grüßen mit „Christos voskrese“ (Christus ist auferstanden).
Wir gehen durch dichte Buchenwälder zum ersten Aussichtspunkt, an dem unser Guide uns etwas zur Stadtentwicklung von Sofia und auch einiges über Games of Thrones erzählt.
An den Wasserfällen sind leider keine der angekündigten Salamander zu entdecken, obwohl ich extra genau in den Spalten der klitschigen Steine nachschaue. Es sind einfach zu viele Menschen hier, sie spüren die Vibrationen und verstecken sich.
Wir gehen noch zu einem kleinen See, der zur Trinkwassergewinnung genutzt wird, der ist auch ganz hübsch.
Beim Abstieg unterhalte ich mich mit einem Japaner, der mir versucht beizubringen, wie man Haruki Murakami richtig ausspricht. Da ich es einfach nicht hinbekomme, lachen wir und ich mache ein Video, um es zu Hause weiter zu üben.
Die Kirche ist so winzig, dass jeweils nur 10 Personen für 10 Minuten rein dürfen.
Am Eingang wird unsere Nationalität in einer Liste erfasst, wozu auch immer. Obwohl die Fresken so alt sind, sind sie sehr gut erhalten und die dargestellten Menschen und Gesichter erscheinen ganz lebensnah und lebendig.
Auf dem Rückweg singe ich leise das Lied vom Krokodil Gena. An einer Ampel denke ich, ja, das war ein schöner Geburtstagsausflug. Aber: das ist doch nicht das, wozu und warum ich diese Reise unternommen habe. „I want to follow traces of environment engagements, want to see old friends and want to get to know myself better.“ Back to the roots, back to the road, morgen geht es nach Kjustendil.
Liebe Juliana, dann auch noch von mir nachträglich die herzlichsten Glückwünsche zum Geburtstag, alles Liebe und viel Freude im Leben und auf der Tour. Lass es dir gut gehen, viele Grüße, Gerd
Lieber Gerd, vielen Dank. Ich hoffe, bei Euch sind die Infostände gut angelaufen und ihr habt nicht so viele nervige Besucher („Könnt ihr nicht mal was machen, dass die Radfahrer sich mal ordentlich verhalten?!?“). Liebe Grüße Deine Juliana