Nach den 350 gefahrenen Kilometern der letzten Tage ruhe ich mich heute erstmal aus. Ich lausche den Regentropfen, die auf das Dachfenster klopfen und den Vögeln im nahen Park. Manchmal ist das Brummen eines Flugzeugs, ein Auto, sich unterhaltende Menschen oder die Sirene eines Rettungsfahrzeuges zu hören. Ansonsten ist es still. Gegen Mittag telefoniere ich mit Susanna, die mir vorgestern auf dem Weg nach Gabrovitsa entgegenkam. Sie ist mit dem Rad durch Montenegro, Albanien und Nordmazedonien gefahren, ist jetzt in Plowdiw und möchte in der nächsten Woche nach Istanbul aufbrechen. Wir haben ähnliche Wege, nicht nur bei der Reise: letzten Herbst haben wir uns bei einer Telefonkonferenz der Klima Allianz schon einmal gehört. So klein kann die Welt sein.
Ich gehe einkaufen. Obwohl heute Karsamstag und dies hier auch ein nationaler Feiertag ist, haben viele Läden offen. Die Bäckereien und Supermärkte bieten Osterkuchen an und auch ich hole mir einen für das morgige Frühstück.
An einem Obst und Gemüsestand kaufe ich unter anderem etwas, dass aussieht wie junger Spinat. Als ich es später auspacke, schmeckt es wie … Sauerampfer.
Beim Telefonat mit meiner Mutter erfahre ich, dass meine Verwandtschaft fleißig den Blog liest, sehr schön, richtig so.
Gestern habe ich bei der Critical Mass Momchil kennengelernt, dessen Vater in den 70er Jahren an der Universität in Göttingen unterrichtet hat und dessen Sohn in Burgstädt bei Chemnitz lebt. Er spricht sehr gut deutsch und ich frage ihn via Facebook, ob er vielleicht Lust auf ein gemeinsames Bier morgen Abend hat. Er hat jedoch einen viel besseren Vorschlag: heute Nacht findet der Gottesdienst der bulgarisch-orthodoxen Kirche in der Kathedrale statt, bei dem das heilige Feuer aus Jerusalem an die Gläubigen verteilt wird. Er holt mich ab, wir trinken ein bisschen bulgarischen Rotwein und gehen zur Kathedrale.
Auf dem Platz davor herrscht bereits enges Gedränge, am Eingang finden Taschenkontrollen finden statt.
Anwesend sind auch der letzte Zar und der Präsident Bulgariens. Die Liturgie wird in kirchenslawisch vorgetragen. Wenn Momchil genau zuhört, kann er diese verstehen. Immer wieder wird „Christos voskrese“ (Christus ist auferstanden) gerufen. Die Kirchenglocken läuten in unregelmäßigen Abständen sehr schnell. Irgendwann gehen der Patriarch, die anderen Kirchenoberhäupter und der Zar (aber nicht der Präsident) ins Innere der Kirche und die Menschen setzen sich mit ihren Kerzen in Bewegung, um die Kirche zu umrunden. Manche schlagen ihre Eier aneinander und/oder gehen noch ins Innere der Kirche, wo der Gottesdienst weiter geht.
Weihrauch wird geschwenkt, Liturgien gesungen, ein Chor (aber keine Orgel) unterlegt das Ganze musikalisch. Alle stehen, denn Stühle gibt es ausschließlich für drei der geistlichen Würdenträger.
Umso länger das Ganze geht, desto weniger Menschen sind anwesend und auch der Zar und wir gehen irgendwann.
Wir schauen noch kurz in die russisch-orthodoxe Kirche, in der gerade ein ganz ähnlicher Gottesdienst stattfindet, nur das hier die Frauen Kopftücher tragen und fotografieren verboten ist.
Ich bin dankbar und glücklich, dass ich den orthodoxen Ostergottesdienst heute hier sehen und erleben konnte. Morgen werde ich noch die weitere Tour planen und wahrscheinlich ein bisschen in die Stadt gehen. Ich denke, ich werde Dienstag Morgen Richtung Nord-Mazedonien aufbrechen.
Liebe Juliana, Frohe Ostern nach Bulgarien. Dir heute einen schönen Tag. Bei uns ist das Wetter heute kühl, der Himmel bedeckt aber kein Regen. Temperatur Jonsdorf 9 Grad. Da schwitzen die Gebirgsläufer nicht so sehr. Ich nehme dieses Jahr nicht teil. Zu wenig Training und morgen werden oben neue Fenster eingebaut da habe ich noch einige Vorbereitungsarbeiten zu treffen.
Genieße den Tag, Du schreibst sehr gut. Immer spannend und kurzweilig. Dein Vati
Danke lieber Vati und Euch einen schönen Gebirgeslauf-Sonntag.
Beneidenswert- da wäre ich auch gern dabei gewesen!