Gestern habe ich meiner Mutter eine SMS geschrieben. Wo ich gerade bin (bei Padua) und was ich gerade mache (Pause wegen der Hitze).
Schreibt mir Mutti zurück: Danke für die Info, den Rest lese ich im Blog von Jule.
Mutti reichen also Informationen aus zweiter Hand, was meinen Urlaub angeht. Jule freut sich und meint: Schreibe doch einen Gastbeitrag.
Gut, mach ich.
Wir haben als einzige Gäste auf einem Bauernhof gezeltet. Damit hatten wir die unendliche Qual der Wahl, wo denn das Zelt aufgebaut wird. Und wie es sich am Morgen herausstellte, lagen wir total richtig. Bis 8 Uhr stand das Zelt im Schatten und so konnten wir richtig lang schlafen.
Doch eigentlich wollte ich heute beizeiten losradeln, denn wir waren von Bergen umgeben und über einen von denen mussten wir fahren, wenn wir das Tal nicht rückwärts verlassen wollen.
Ich mache Stress, spätestens um 9 will ich los. Wir packen im Eiltempo (ich schlage mir den Daumen blau) und als wir zur Abreise bereit sind, erreicht uns doch noch Regen, der uns gestern verschont blieb. Also warten.
Und so fahren wir dann doch Punkt 12 in der Mittagssonne 3,8 Kilometer bergauf. Bereits nach 200 Metern laufen mir Schweißbäche ins Gesicht. Nach 500 Metern schiebe ich zum ersten Mal. Jule bleibt locker im Sattel sitzen.
Glücklich komme ich oben an. Meine erste kleine Bergtour auf dieser Fahrt geschafft.
Belohnt werden wir mit einer 6 Kilometer langen Talfahrt. Nach jeder Kurve eröffnet sich ein neues Panorama. Mal mit Blick in die Poebene mal auf die Alpen.
Im Tal ein Wochenmarkt, leider schon am Abbauen. Jule kann trotzdem noch schnell ein paar Gurken und Obst kaufen.
Weiter geht es auf dem I1, einem gut beschildertem italienischen Fernradweg, am Fuße der Berghänge entlang.
Wir suchen nach einem geeignetem Rastplatz für unser Mittagessen. Die einzigen schattigen Bänke befinden sich am Anfang eines Dorfes. Studenten der Universität Verona haben hier Plakate oder Kunst aufgehangen. Es isst sich ganz gut, trotz des Verkehrs. Für einen Bus muss ich die Füße einziehen, sonst wäre er nicht um die Ecke gekommen.
Dann erreichen wir Suave. Als ehemaliger Barkeeper kenne ich den Namen natürlich, der Weißwein. Weinfelder in alle Richtungen und über der Stadt thront eine mittelalterliche Burg, deren Mauern netterweise auch das Stadtgebiet im Tal mit umschließen. Vor den Stadttoren stehen ein paar Wohnmobile.
Eine kleine bunte Touristenbahn fährt an uns vorbei. Zwei Großeltern und ihre Enkelin mit Down Syndrom sind die einzigen Mitfahrenden. Sie erinnern mich an einen wunderschönen italienischen Film der dieses Jahr auf der Berlinale lief: „Dafne“. Und der hoffentlich bald in die deutschen Kinos kommt.
Dann finden wir auf einem Berg eine kleine schattige Treppe. Jule möchte Ihren Blog zu Ende schreiben. Wir pausieren. Wieder nur kurz. Ein Donnern schreckt uns auf. Ich schaue um die Ecke. OMG. Da hinten kommt eine riesige schwarze Gewitterwand auf uns zu.
Von nun an sind wir auf der Flucht. Wir sausen durch Weinberge, Dörfer und Industrieanlagen. Überqueren die Autobahn mindestens 20 Mal und bleiben dann in einer Bar ca. 15 Kilometer von Verona entfernt sitzen. Wollen das Gewitter im Trockenen abwarten.
Neben der Bar befindet sich eine Spielothek. Ein junger Mann verlässt diese mit hängendem Kopf, um nach 10 Minuten erwartungsvoll zurück zu kehren. War wohl Geld holen.
Das Gewitter kommt nicht. Auf dem Regenradar sehen wir, dass es an uns vorbei zieht. Also fahren wir weiter. Erneut Industriegebiete, Einkaufszentren. Verona kündigt sich an.
Dann aber auch wieder Bauernhöfe und sogar eine alte Wassermühle.
Wir erreichen das Stadtgebiet, der Weg führt am Adige (Etsch) entlang. An dessen Mündung wir vor wenigen Tagen noch gezeltet haben.
Einem Gewitter sind wir entkommen, doch über Verona wartet mit böigem Wind ein anderes auf uns. Unter einer Brücke sitzt eine Gruppe Tiganis, haben sich sogar einen Kühlschrank hingestellt, trinken Weißwein und hören laut Reggae. Nächste Filmerinnerung: Emir Kusturicas „Time of the Gypsies“.
Der Weg zur Unterkunft führt am berühmten Amphitheater vorbei, wo man im Sommer seit 1913 Verdis „Aida“ aufführt. Tatsächlich ist morgen eine Vorstellung, Kostenpunkt 80 – 300 Euro. Zum Glück haben wir keine passende Kleidung dabei. Wir finden die Unterkunft, klingeln und im Moment, in dem uns die Wirtin öffnet, schüttet es aus allen Rohren vom Himmel. Gutes Timing.
Ui, ein Gastbeitrag. Guter Einsatz, Olaf. Hoffentlich bleibt Euer Timing auch weiterhin so glücklich. Ich drück die Daumen, gute Reise!