Unter den Zitronenbäumen ist es schön schattig. Aber ansonsten, neija, es gibt eben nichts außer die blanke Erde. Na gut, immerhin, einen Wasserhahn, aus dem Trinkwasser kommt. Und natürlich ganz viele Zitronen. Über meine Taschen fallen die Ameisen her.
Dafür möchte jetzt der Betreiber 15 Euro von mir (sonst würde es 20 kosten). Erschrocken sage ich, was das denn soll. Daraufhin kostet es „nur“ noch 10 Euro. Scheint teuer zu sein, diese Amalfiküste.
Den ganzen Morgen höre ich einen Zitronenbauer, der seinen Esel den Berg hoch- und runtertreibt. Ich sitze währenddessen im Schatten, schreiben den Text zu gestern und höre Musik.
Die Sachen, die ich normalerweise zum Fahren nutze, komplett verdreckt.
Also fülle ich einen Plastikbeutel mit Kleidung, Wasser und Seife, den ich auf dem Gepäckträger befestige.
Nachdem ich die Serpentinen runter nach Minori gefahren bin, halte ich in einem Café für Strom und WLAN. Ich bestelle ein Panino für vier Euro, welches erstaunlich groß und lecker ist. Bis zum nächsten Zeltplatz, sagt das Navi, sind es 12 Kilometer. Und 800 Höhenmeter. Soso.
Als ich losfahre, ist die große Mittagshitze schon vorbei. Die Küstenstraße ist schmal und eng. Vor den Tunneln stehen Polizisten, die regeln den Verkehr. Trotzdem kommt es einige Male zu einem „Casino“, weil irgendein Auto verhindert, das ein Bus passieren kann. Dann hupen alle wie wild, was die Situation auch nicht gerade entspannt.
Diese steilen Hänge. Unten das Meer, Häuser dicht an den Wänden. Ganz weit oben die Berggipfel. Ich bin schwer beeindruckt und komme aus dem Fotografieren gar nicht mehr hinaus.
Vor allem die Stadt Amalfi, wunderschön.
Ein Gespräch auf der Straße: „It’s hard to cycle?“ „Yes, here it is. But normally not.“ „Here is everything different.“ „Year, you are right!“
Nach sechs Kilometern halte ich an einer Bar und spüle auf der Toilette meine Kleidung durch. Während ich sie zum Trocknen auf dem Fahrrad befestige, kommt ein Autokorso vorbei.
Ein Ferrari nach dem anderen.
Als ich gestern die Orangen kaufte, habe ich auch eine Zitrusfrucht bekommen, die aussiehst wie eine längliche Zitrone.
Im Ganzen essen, hat Francesco gesagt. In meinem Mund eine Aromaexplosion.
Ich entdecke, dass das Navi eine Strecke mit Stufen berechnet hat. Tatsächlich erwarten mich jetzt 12 Kilometer Serpentinen, um die verbleibenden 700 Höhenmeter bis nach oben zu überwinden.
Fast alle schauen verwundet und freundlich, wenn sie mich sehen. Viele grüßen und zeigen dann mit dem Daumen nach oben. Denn auch wenn es einige Rennradfahrer*innen gibt, bin ich hier mit dem Reiserad ein absoluter Exot.
Über mir kreist ein Hubschrauber. Keine Notrettung, bestimmt ein Ausflug der Reichen.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Autos. Die zerkratzten und zerbeulten (von den Anwohner*innen?) und die teuren und schicken (von den Urlauber*innen?).
Agerola, das Dorf, das ich passiere, wirbt mit „Il sentiero degli dei“ (das Gefühl der Götter). Scheint mir gar nicht übertrieben, denn die Aussicht hier oben ist überwältigend.
Ein Paar macht Selfis und geht zurück zum Sportwagen. Sie streiten sich. Ach, wie gut hab ich es, allein und frei. Niemand mit dem oder der ich mich abstimmen muss. Kein Blech um mich, sondern immer direkt im Kontakt mit der Umgebung und Natur.
Auf dem Campingplatz in San Lazzaro gibt es alles: moderne, warme Duschen, WLAN, Schließfächer zum Laden der Mobiltelefone. Blumen verströmen einen herrlichen Duft. Kostet 9 Euro, ich bin begeistert.
Es ist schon schade, dass ich es nicht bis nach Sorrento, wo die Fähren nach Capri ablegen, geschafft habe. Es war einfach zeitlich nicht möglich. Und so fahre ich morgen die kürzere Strecke bis nach Pompej, wo es ein Hostel gibt, in dem ich zwei Nächte bleiben möchte.