Nach zehn Kilometern Fahrt bin ich auch schon in Salerno. Durch den schleppenden Verkehr schlängeln sich die Mopeds, auch an den Carabineri ziehen sie vorbei. Also mache ich das auch und erfreue mich daran, dass (im Gegensatz zu Leipzig) niemand extra weit nach rechts fährt (um zu verhindern, dass ich durchkomme).
Die Straße ist mit rot-weißen Fahnen, selbstgebastelten Transparenten und Wimpeln dekoriert.
Ich frage einen der herumstehenden Opas, wem denn hier ein Glückwunsch (auguri) ausgesprochen wird. Er antwortet mit „squadra“, ein Wort das ich nicht kenne. Dann schiebt er „foodball“ hinterher. Später sehe ich, dass auch die ganze Innenstadt mit US Salernitana gebrandet wurde. So ein 100. Jubiläum des eigenen Teams (squadra) kommt eben nicht alle Jahre.
Durch die engen Gassen der Stadt schiebe ich das Fahrrad bis zum Dom von Salerno. Die Kathedrale wurde in nur fünf Jahren von 1080 bis 1085 erbaut.
Dabei ist sie die älteste große Kirche der arabisch-normannischen Baukunst. Diese hier und in Sizilien zu findende Architektur zeichnet sich durch eine Symbiose von abendländischen, islamischen und byzantinischen Elementen aus. Sehr spannend.
Und ich werde nicht enttäuscht. Besonders gefallen mir die Ambonen mit ihren Mosaiken, Säulen und Reliefs.
Aber auch die Krypta, eine 100 qm große Halle, deren Wände mit buntem Mamor verkleidet ist, beeindruckt mich.
Anschließend gehe ich in den Giardino della Minerva, einen mittelalterlichen Garten für Heilpflanzen. Die Pflanzen sind nach kalt-warm-feucht-trocken sortiert, was aber nichts mit den Bedingungen, die sie benötigen, zu tun hat. Vielmehr handelt es sich um die Lehre der vier Elemente.
In dem terrassenförmig angelegten Garten gibt es auf jeder Stufe ein Wasserbecken. Diese sind durch kleine steinerne Wasserläufe am Wegesrand verbunden.
Ich schiebe das Fahrrad die vorher erklommenen Stufen wieder hinab und fahre an die Amalfiküste. An der Straße halte ich kurz an einem Laden, um Mozzarella zu kaufen. Ein Schild weißt darauf hin, dass dieser nicht im Kühlschrank, sondern bei 20 Grad aufzubewahren ist. Dafür kann ich garantieren.
An einem der Straßenstände gibt es Orangen. Der Verkäufer, Francesco, ist selbst begeisterter Radfahrer und fragt mich zum Beispiel, ob ich schon mal einen Platten hatte (was ich mit nein beantworten kann).
Als ich über die vielen Autos auf der Straße klage, sagt er: das geht noch, am Wochenende sei manchmal ein „casino“ los. Ich kaufe ihm drei große, süße Orangen zum prezzo di ciclista (2 Euro) ab und mache ein Erinnerungsfoto.
Mit Rosmarin, Ginster und zahlreichen anderen Büschen und Blumen bewachsene Felswände, Zitonenhaine auf terrassierter Landschaft.
Für den Transport der Zitronen gibt es Lifte.
In Maiori gehe ich an den Strand. Vittorio, der Strandmeister, gibt mir ein Getränk und einen Platz auf einer Liege aus. Er ist begeisterter Rennradfahrer und bietet mir auch sofort an, am Strand oder, noch besser, in einer Wohnung von einer seiner Freundin zu schlafen.
Da es mir am Strand gefällt, bleibe ich lange. Nach einem gewissen hin und her mit Vittorio gehe ich nach Feierabend mit ihm in die Wohnung, die er hauptsächlich zum Trainieren nutzt. Er zeigt mir alles, seine Trainingsgeräte, den Balkon mit Meeresblick, das Doppelbett und das Bad (inklusive Rasierern). Jetzt geht er für anderthalb Stunden zu seinen Eltern und kommt später wieder.
Ich berate mich mit Claudi. Was soll ich nur machen? Nach dem Studium seines Facebookprofils, beschließen wir auf Nummer sicher zu gehen. Vittorio ist eben nicht nur Radfahrer und Strandliegenvermieter, sondern arbeitet auch als Security.
Ich schreibe einen Zettel mit „probleme private“, nehme die Vitaminpräparate, die er mir geschenkt hat, mit und bringe Fahrrad und Taschen die drei Etagen wieder runter. Um 21 Uhr fahre ich los Richtung Campingplatz.
Kurz vor zehn bin ich da. Da, wo ich mein Zelt aufstelle, gibt es nichts weiter als einen Wasseranschluss. Bis zur nächsten Toilette und Dusche sind 180 Stufen zu erklimmen (was ich auch tue, aber eben leider ohne gleich das Duschzeug mitzunehmen). Im Dunkeln baue ich mein Zelt auf.
Ich erhalte die Nachricht, dass mein Nachbar gestorben ist. Auch wenn ich ihm nie nah war, war er doch immer in meiner Nähe. 😢
Ich esse noch Mozzarella, Brot, Erbsen aus dem Glas, Oliven, Cherrytomaten und Walnüsse. Katzenwäsche am Wasseranschluss. Beim Liegen im Zelt unterem Stirnlampenlicht eingeschlafen.