Am Morgen möchte der Besitzer des Wohnwagenstellplatzes zehn Euro von mir, viel zu viel. Ich mache einen auf großes Drama, er nur gelassen. Gib doch was du willst und ich zücke einen Fünfer. Danach ist er genauso freundlich wie vorher.
Nachdem alles aufs Fahrrad verladen ist, fahr ich wieder nach Tricarico hoch (698 m.ü.M.).
Obwohl oder gerade weil ich nicht so gut gelaunt bin, grüße ich in der kleinen Stadt überaus höflich. (Denn hier, das ist wie auf dem Dorf, da grüßen sich alle.)
In einer Pasticceria komme ich richtig in Schwung, erzähle dies und jenes und obwohl es kein offizielles WLAN gibt, bekomme ich vom Betreiber kurze Zeit später ein Passwort. Und Schokoriegel geschenkt.
Wenn man sich negativen Gedanken nicht hingibt, sondern wenigstens versucht, sich und anderen eine gute, unterhaltsame Zeit zu bereiten, dann ist das Glück meistens nicht fern (funktioniert auch andersrum).
Entlang der Via Appia fahre ich durch einen dichten, schattigen Eichenwald in Richtung Potenza. Auf der kleinen Straße kommt ganz selten ein Auto oder Traktor vorbei. Irgendwann merke ich, dass ich gerade einen Umweg gefahren bin, was mich aber nicht wirklich stört, weil es so schön ist.
Große Greifvögel zwischen den Bäumen, traumhafte Aussichten auf die umliegende Landschaft und einzigartige Blumen.
Ab und zu gibt es am Straßenrand Wasserstellen mit kühlem, sehr wohl schmeckendem Trinkwasser.
Claudi schickt mir Bilder aus der Schweiz, da ist heute internationaler Frauentag und richtig was los. 100.000 Menschen demonstrieren. ✊
Ich klettere währenddessen auf 1035 m.ü.M. hoch und genieße danach lange Abfahrten auf glattem Asphalt.
Als ich an einer Kreuzung auf mein Navi schaue, hält ein Auto neben mir. Hier runter, sagt der Fahrer, dürfe ich nicht fahren, zu steil. Ich glaube ihm nicht so richtig und verweise auf meine guten Bremsen. Es ist aber verboten, schiebt er nach, ich solle stattdessen weiter entlang der Via Appia fahren. Na gut, dann eben nochmal fünf Kilometer mehr.
Unten angekommen gibt es nur eine Autobahn ohne Seitenstreifen, ein Schild weist darauf hin, dass Radfahren nicht gestattet ist. Aus purer Verzweiflung zutsche ich erstmal die geschmolzenen Schokoriegel aus. Danach fahre ich wieder hoch und nehme einen großen Bogen, um nach Potenza zu gelangen.
Ich habe ein zentrumsnahes Zimmer reserviert, das befindet sich an einem der Hänge. Mein Fahrrad kann ich ebenerdig in einem Abstellraum anschließen, danach geht es mit dem Fahrstuhl (der sich nur nach dem Einwurf von 10 Cent bewegt) nach oben. Im vierten Stock, erklärt mir der Vermieter, ist der Ausgang zum Zentrum. Dort kann ich die Straße überqueren und einen weiteren, öffentlichen Fahrstuhl nutzen, um auf die Haupteinkaufsstraße zu gelangen.
Ich habe eine große Wohnung nur für mich und aus dem Wasserhahn kommt Trinkwasser, das einen außergewöhnlich guten Geschmack hat.
Eigentlich möchte ich gern noch einen giro machen, aber ich bin nach dem Duschen und Essen komplett im Eimer. Außerdem ist jetzt mein Datenvolumen aufgebraucht, erst in drei Tagen habe ich wieder schnelles, mobiles Internet. Bis nach Salerno sind es noch 112 Kilometer und 1.230 Höhenmeter und es gibt auf dem Weg wenige Orte zum Übernachten. Die nächsten Tage werden wahrscheinlich anstrengend, gute Vorbereitung und Konzentration sind jetzt gefragt.